BEZEICHNUNG

getcwd, getwd, get_current_dir_name - das aktuelle Verzeichnis abfragen

BIBLIOTHEK

Standard-C-Bibliothek ( libc, -lc)

ÜBERSICHT

#include <unistd.h>
char *getcwd(char Puffer[.Größe], size_t Größe);
char *get_current_dir_name(void);
[[veraltet]] char *getwd(char Puffer[PATH_MAX]);
Mit Glibc erforderliche Feature-Test-Makros (siehe feature_test_macros(7)):
get_current_dir_name():
    _GNU_SOURCE
getwd():
    Seit Glibc 2.12:
        (_XOPEN_SOURCE >= 500) && ! (_POSIX_C_SOURCE >= 200809L)
            || /* Glibc >= 2.19: */ _DEFAULT_SOURCE
            || /* Glibc <= 2.19: */ _BSD_SOURCE
    Vor Glibc 2.12:
        _BSD_SOURCE || _XOPEN_SOURCE >= 500

BESCHREIBUNG

Diese Funktionen geben eine Zeichenkette mit abschließender Null zurück, die einen absoluten Pfadnamen enthält, der dem aktuellen Arbeitsverzeichnis des aufrufenden Prozesses entspricht. Der Pfadname wird als das Funktionsergebnis und, falls vorhanden, über das Argument Puffer zurückgegeben.
Die Funktion getcwd() kopiert den absoluten Pfadnamen des aktuellen Arbeitsverzeichnisses in das Feld, auf das Puffer zeigt und das Größe Byte lang ist.
Falls die Länge des absoluten Pfadnamens des Arbeitsverzeichnisses, einschließlich abschließender Null Größe Byte überschreitet, wird NULL zurückgegeben und errno auf ERANGE gesetzt. Eine Anwendung sollte prüfen, ob dieser Fehler auftrat und falls nötig einen größeren Puffer reservieren.
Als eine Erweiterung des POSIX.1-2001-Standards reserviert getcwd() der Linux-Glibc den Puffer dynamisch durch Verwendung von malloc(3), wenn Puffer NULL ist. In diesem Fall hat der reservierte Puffer die Länge Größe, sofern Größe nicht Null ist, wenn die für Puffer nötige Größe reserviert ist. Der Aufrufende sollte den zurückgegebenen Puffer mit free(3) freigeben.
get_current_dir_name() wird mit malloc(3) ein Feld reservieren, das groß genug ist, um den absoluten Pfadnamen des aktuellen Arbeitsverzeichnisses aufzunehmen. Wenn die Umgebungsvariable PWD gesetzt ist und ihr Wert stimmt, dann wird dieser Wert zurückgegeben. Der Aufrufende sollte den zurückgegebenen Puffer mit free(3) freigeben.
getwd() reserviert keinen Speicher mit malloc(3). Das Argument Puffer sollte ein Zeiger auf ein Feld mit einer Mindestlänge von PATH_MAX Byte sein. Falls die Länge des absoluten Pfadnamens des aktuellen Arbeitsverzeichnisses einschließlich des abschließenden Nullbytes PATH_MAX Byte überschreitet, wird NULL zurückgegeben und errno auf ENAMETOOLONG gesetzt. (Beachten Sie, dass PATH_MAX auf einigen Systemen zur Kompilierzeit möglicherweise keine Konstante ist; außerdem hängt ihr Wert vom Dateisystem ab – siehe pathconf(3).) Aus Gründen der Portierbarkeit und Sicherheit ist die Benutzung von getwd() missbilligt.

RÜCKGABEWERT

Bei Erfolg geben diese Funktionen einen Zeiger auf eine Zeichenkette zurück, die den Pfadnamen des aktuellen Arbeitsverzeichnisses enthält. Im Fall von getcwd() und getwd() ist dies der gleiche Wert wie Puffer.
Bei einem Fehlschlag geben diese Funktionen NULL zurück und errno wird so gesetzt, dass es den Fehler anzeigt. Der Inhalt des Feldes, auf den Puffer zeigt, ist bei einem Fehler nicht definiert.

FEHLER

EACCES
Lese- oder Suchberechtigung für einen Bestandteil des Dateinamens wurde verweigert.
EFAULT
Puffer zeigt auf eine falsche Adresse.
EINVAL
Das Argument Größe ist Null und Puffer ist kein Nullzeiger.
EINVAL
getwd(): Puffer ist NULL.
ENAMETOOLONG
getwd(): Die Größe des absoluten Pfadnamens mit abschließendem Nullbyte überschreitet PATH_MAX Byte.
ENOENT
Der Link auf das aktuelle Arbeitsverzeichnis wurde gelöst.
ENOMEM
Speicher aufgebraucht.
ERANGE
Das Argument Größe ist kleiner als die Länge des absoluten Pfadnamens des aktuellen Arbeitsverzeichnisses einschließlich abschließendem Nullbyte. Sie müssen ein größeres Feld reservieren und es erneut versuchen.

ATTRIBUTE

Siehe attributes(7) für eine Erläuterung der in diesem Abschnitt verwandten Ausdrücke.
Schnittstelle Attribut Wert
getcwd(), getwd() Multithread-Fähigkeit MT-Safe
get_current_dir_name() Multithread-Fähigkeit MT-Safe env
 

STANDARDS

getcwd() ist konform zu POSIX.1-2001. Beachten Sie jedoch, dass das Verhalten von getcwd() unter POSIX.1-2001 nicht spezifiziert ist, wenn Puffer NULL ist.
getwd() ist in POSIX.1-2001 vorhanden, aber als VERALTET markiert. POSIX.1-2008 entfernt die Spezifikation von getwd(). Benutzen Sie stattdessen getcwd(). POSIX.1-2001 definiert keine Fehler für getwd().
get_current_dir_name() ist eine GNU-Erweiterung.

ANMERKUNGEN

Unter Linux nutzen diese Funktionen den Systemaufruf getcwd() (verfügbar seit 2.1.92). Auf älteren Systemen würden sie /proc/self/cwd abfragen. Falls sowohl der Systemaufruf, als auch das »proc«-Dateisystem fehlen, wird eine allgemeine Implementierung aufgerufen. Nur in diesem Fall können diese Systemaufrufe unter Linux mit EACCES fehlschlagen.
Diese Funktionen werden oft benutzt, um den Ort des aktuellen Arbeitsverzeichnisses zum Zweck der späteren Rückkehr zu speichern. Das aktuelle Verzeichnis ».« zu öffnen und fchdir(2) zur Rückkehr aufzurufen ist normalerweise schneller und eine zuverlässigere Alternative, wenn ausreichend viele Dateideskriptoren zur Verfügung stehen, besonders auf anderen Plattformen als Linux.

Unterschiede C-Bibliothek/Kernel

Unter Linux stellt der Kernel einen Systemaufruf getcwd() bereit, den die in dieser Seite beschriebenen Funktionen falls möglich benutzen. Der Systemaufruf akzeptiert die gleichen Argumente wie die Bibliotheksfunktion des gleichen Namens, aber sie ist darauf begrenzt, maximal PATH_MAX Byte zurückzuliefern. (Vor Linux 3.12 war die Begrenzung der Größe des zurückgelieferten Pfadnamens die Systemseitengröße. Auf vielen Architekturen sind sowohl PATH_MAX als auch die Systemseitengröße beide 4096 Byte, aber einige Architekturen haben eine größere Seitengröße.) Falls die Länge des Pfadnamens des aktuellen Arbeitsverzeichnisses dies Begrenzung überschreitet, dann schlägt der Systemaufruf mit dem Fehler ENAMETOOLONG fehl. In diesem Fall fällt die Bibliotheksfunktion auf eine (langsamere) alternative Implementierung zurück, die den kompletten Pfadnamen zurückliefert.
Folgend einer Änderung in Linux 2.6.36 wird dem durch den Systemaufruf getcwd() zurückgelieferten Pfadnamen die Zeichenkette »(unreachable)« vorangestellt, falls das aktuelle Verzeichnis nicht unterhalb des Wurzelverzeichnisses des aktuellen Prozesses ist (z.B. da der Prozess auf eine neue Dateisystemwurzel mittels chroot(2) gesetzt wurde, ohne sein aktuelles Verzeichnis in die neue Wurzel zu wechseln). Dieses Verhalten kann auch durch einen nichtprivilegierten Benutzer hervorgerufen werden, der das aktuelle Verzeichnis in einen anderen Einhängenamensraum gewechselt hat. Beim Umgang mit Pfadnamen von nichtvertrauenswürdigen Quellen sollten Aufrufende von in dieser Seite beschriebenen Funktionen in Betracht ziehen, zu überprüfen, ob der zurückgelieferte Pfadname mit »/« oder mit »(« anfängt, um zu vermeiden, dass ein nicht erreichbarer Pfad als relativer Pfadname misinterpretiert wird.

FEHLER

Seit der Änderung in Linux 2.6.36, die »(unreachable)« in den oben beschriebenen Gegebenheiten hinzufügte, ist Glibcs Implementierung von getcwd() nicht mehr mit POSIX konform und liefert einen relativen Pfadnamen zurück, wenn der API-Vertrag einen absoluten Pfadnamen verlangt. Ab Glibc 2.27 ist dies korrigiert: ein Aufruf von getcwd() von solch einem Pfadnamen liefert jetzt einen Fehlschlag mit ENOENT.

SIEHE AUCH

pwd(1), chdir(2), fchdir(2), open(2), unlink(2), free(3), malloc(3)

ÜBERSETZUNG

Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Martin Schulze <[email protected]>, Chris Leick <[email protected]>, Mario Blättermann <[email protected]> und Helge Kreutzmann <[email protected]> erstellt.
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